…sind so viele Menschen zu so viel Bösem fähig?
Ich spreche nicht von einer Notlüge, die wir alle schon einmal nutzten, oder von den vielen kleinen Bösartigkeiten, wenn wir genervt vom Tag oder in der eigenen Gedankenwelt gefangen unfreundlich wurden. Diese kann ich nachvollziehen und diese Sünden überfallen vermutlich jeden einmal. Aber sie sind nur die Spitze des Eisbergs dessen, was ein Mensch zu tun in der Lage ist. Manchmal frage ich mich, ob es denn gar keine Grenze gibt.
Was der Mensch im Verborgenen tut, wo man schaudernd und mit Kopfschütteln zurückschreckt und mit dem Rücken an die Wand stößt, das beschäftigt mich. Diese Taten sind auch nichts fernes in Orlando oder Paris, sie entladen sich nicht erst in den öffentlichkeitswirksamen Terrorakten der IS, sondern tagtäglich in unzähligen kleinbürgerlichen Häusern, auf den Straßen und Gassen dazwischen, in Bordellen, Autos oder nach Fußballspielen.
Sind wir nicht alle mit einem Gewissen versehen? Können wir nicht aus gutem Grund Mitgefühl empfinden? Wie können dann diese schrecklichen Dinge überhaupt geschehen? Sollten unser Gewissen, das daraus erwachsene schlechte Gefühl und unsere Fähigkeit zur Empathie nicht verhindern, dass wir eine gewisse Grenze des Bösen überschreiten, dass solche Grausamkeiten überhaupt passieren – zumindest solche, die das Maß von Notlügen übersteigen?
Aber es scheint möglich, für eine Reihe meiner Mitmenschen jedwedes Mitgefühl zu verlieren. Eine graue Eminenz umnebelt den Verstand, rationalisiert die Lust oder welches Motiv auch immer hinter meiner Gewalt stecken mag. Ich frage mich, welche Mechanismen es sind, die dazu führen, dass ich irgendwann mein entstelltes Spiegelbild nicht mehr durch die Augen meines Opfers erkenne und im Perspektivwechsel vor meiner eigenen Reflexion erschrecke.
also ich kann dir nur sagen, dass ich irgendwann – ich schreibe gerade sehr stockend – denn so war es – es hat lange gedauert – ich habe immer versucht zu verstehen, was geht da vor in dem Kopf – und bin irgendwann bei einem konkreten Menschen – einem Menschen, den ich geliebt habe – zu dem Schluss gekommen – Verzerrte Selbst-Wahrnehmung – Bezug zur Realität verloren – ich meine, wir alle sehen, denken, empfinden nicht das Gleiche, aber wir haben uns so ungefähr geeinigt auf diverse Dinge, so können wir als soziale Wesen miteinander umgehen und kommunizieren – aber, es gibt Menschen, man sagt das so leicht „der ist nicht ganz dicht“, aber es gibt Menschen, da ist wirklich was falsch gesteckt im Kopf. Noch eine zweite solche Person ist mir seitdem begegnet. Auf den ersten Blick sieht man denen das nicht an, die sind nicht geistig behindert zur Welt gekommen – da kommt das eine zum anderen – Veranlagung, Fehl-Verhalten und Ereignisse von Außen und irgendwann ist der Punkt erreicht – da sind sie drüber weg.
Zu beiden habe ich inzwischen keinen Kontakt mehr.
Ich weiß nicht, bis zu welchem Punkt das wieder revidierbar ist.
Ich habe irgendwann aufgeben müssen – bei dem einen, ist mir sehr schwer gefallen – inzwischen kann ich das gut in lockere Worte fassen
„Bei Gott gibt es keine hoffnungslosen Fälle, aber ich bin nicht Gott also soll der sich jetzt drum kümmern“
Aber es ist eine ganz furchtbar grausame Angelegenheit.
Dieser Mensch, der hat keinen umgebracht oder so, aber er hat im Laufe von Jahren einige Menschen wirklich schwer verletzt, hat eine Menge Schaden angerichtet.
Erst gab es auch noch „lichte Momente“ und die waren furchtbar traurig.
Aber es gab wohl kein Zurück mehr.
Viele – na ja, ich weiß nicht, ob viele, aber es kommt ja immer wieder vor, dass Menschen, die andere umbringen, sich dann auch selbst töten.
Es muss schrecklich sein, in so etwas drin zu stecken.
Ja.
Da isses wieder.
Ich kann keine Wut empfinden – nur furchtbares Mitleid.
Es ist schlimm, gequält, ermordet, etc zu werden
Aber ein Mörder zu sein, andere zu quälen, das muss die Hölle sein.
Denn das kann mir keiner erzählen, dass die nicht tief in sich drin wissen, was sie da tun.
Und spätestens im Sterben kommt das Erwachen und das stell ich mir so furchtbar vor…
Guck, da wollt ich grad in’s Bett gehen und hab erst noch mal nen halben Roman geschrieben —
Das ist aber auch ein Thema, das mich immer wieder sehr bewegt —
und oft – bei vielen Menschen, gibt es keinerlei Verständnis für meine Sichtweise
Da heißt es immer nur: Die muss man aber doch bestrafen etc..
Ja, klar, darum geht es aber nicht nur….
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Es ist gut, wenn Du solche Charaktere Gott überantworten und dich selbst schützen kannst…Rache loszulassen und abgeben ist sehr schwer, fällt mir sehr schwer.
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also, ich rechne mir das nicht irgendwie als Leistung oder Erfolg an –
das ist ein klarer Fall von Hier stehe ich und kann nicht anders.
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Manches Gewissen ist nur darum so rein, weil es schlicht nicht benutzt wurde.
Am letzten Tag, dann.
Vielleicht.
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das is mal super gut ausgedrückt
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„Ich frage mich, welche Mechanismen es sind, die dazu führen, dass ich irgendwann mein entstelltes Spiegelbild nicht mehr durch die Augen meines Opfers erkenne und im Perspektivwechsel vor meiner eigenen Reflexion erschrecke.“
Dieser letzte Satz des Beitrags regt mich zum Nachdenken an. Ich bin nicht sicher, ob ich richtig verstehe, was gemeint ist. Es scheint mir ein Erklärungsversuch für eine Gewalttat zu sein.
Soll es heißen, dass ein Täter in seinem Opfer etwas sieht, was er an sich selbst nicht mag? Ist das das ‚entstellte Spiegelbild‘?
Oder ist der Satz eine moralische Aufforderung an den Täter, er sollte in seinem Opfer sich selber wiedererkennen und Mitgefühl haben?
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