Populisten verstehen sich als vermeintliche „Stimme des Volks“, die gegen die Elite und das politische Establishment antreten. Vermeintlich da nicht anders als bei allen anderen politischen Gruppierungen auch hier nur eine gewisse Interessensgruppe bedient wird und nicht etwa wie man zu meinen glaubt das ganze Volk, das in seiner Heterogenität gar keine einheitliche Stimme oder einheitliche Interessen haben kann. In der Regel wird Populismus im Zusammenhang mit Rechtspopulismus oder Linkspopulismus thematisiert, wo die Interessen oder Ansichten einer rechtskonservativen oder linken Randgruppe zur Stimme des Volkes wird. Der Vorwurf des Populismus enthält implizit den Vorwurf, dass komplexe Themen mit einfachen Antworten belegt werden. Insgeheim steckt dahinter die Beschuldigung eines politischen Opportunismus, dass zur Wählergewinnung die intellektuelle Redlichkeit fallen gelassen wird. Da einfache Antworten leichter verfangen und den mit Beruf und Familie bereits überladenen Wähler eher ansprechen als kompliziert zu verstehende, meist situativ unterschiedliche und damit zu mehrdeutige intellektuelle Antworten.
Die Neue Politische Ökomomie geht hier noch weiter und unterstellt einen gewissen Opportunismus dem gesamten politischen Spektrum, um daraus politische Entscheidungen auf Grundlage des unterstellten Optimierungskalküls modellieren zu können.
Ein Extrembeispiel dieser simplizierenden, anti-intellektuellen Aussagen wären Ein-Satz-Repliken auf Sorgen oder Probleme der Wähler. Oft ohne diese wissenschaftlich untersucht zu haben:
Problem: „Die Arbeitslosigkeit ist heutzutage so hoch“ Erwiderung: „Die Ausländer nehmen uns/euch die Arbeitsplätze weg“
Die ökonomische Situation eines Arbeitsmarkts, insbesondere wenn Interdependenzen mit Gütermärkten u.a. berücksichtigt werden sollen ist jedoch viel zu kompliziert, um daraus eine allgemeingültige Aussage bzgl. Einwanderung treffen zu können. Einwanderung kann das Arbeitsmarktgleichgewicht und gleichzeitig auch die Gleichgewichte anderer Märkte verändern. Welche Auswirkungen diese Veränderung im Einzelfall haben hängt von der individuellen Ausgangslage jener Märkte ab, entsprechend auch die Würdigung und die politischen Maßnahmen, die zu treffen sind. Es muss auch berücksichtigt werden, dass die Märkte nach Beseitigung jener Ursache, welche ursprünglich eine Veränderung ausgelöst hat, keineswegs in das Ursprungsgleichgewicht zurückspringen müssen.
Ein anderes bei linken wie rechten Populisten beliebtes Thema sind Freihandelsabkommen. Es scheint ein neuer Trend hin zu protektionistischer Wirtschaftspolitik aufzukeimen. Das fatale dahinter ist, dass diese selten überhaupt als Wirtschaftspolitik erkennbar gemacht wird. Ob das Chlorhühnchen oder die Flüchtlinge, im Zentrum der Diskussion steht von Umweltpolitik bis Asylpolitik alles, nur eben nicht jenes Politikfeld, auf welches eine Veränderung die größten Einflüsse ausüben würde und dessen Instrumentariums man sich bedienen will. Die Aussagen erfolgen ohne auch nur ein makroökonomisches Lehrbuch lesen oder sich mit den Theorien offener Volkswirtschaften auseinandersetzen zu wollen. Wirtschaftsgeschichtliche Studien zu früheren Auswirkungen von Freihandel bzw. Protektionismus werden gar nicht erst bedacht. Dabei kommen diese je nach betrachteter Zeit und Situation zu heterogenen Ergebnissen, die eine differenzierte Sicht auf die Thematik zulassen.
Ich möchte ergänzen, dass Populisten auch Problemfelder kreiieren, die es nicht zwangsläufig gibt bzw die keine herausragende Rolle in der Gesellschaft spielt. Hierfür würde ich zum Beispiel die Altersarmut heranziehen. Lediglich 3% der über 65Jährigen sind dabei betroffen. Oft ist es die persönliche Vita und nicht das gesellschaftliche/wirtschaftliche System, dass als Ursache ausgemacht werden muss.
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Mal so nebenbei: Populismus wird derzeit eher dem Rechten oder linken Spektrum vergeworfen; aber auch die Regierung bedient sich populistischer Elemente; bestes Beispiel; „Wir schaffen das“…
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