Eine liebe Mitchristin hat auf einer Freizeit von ihrer traumatischen Lebensgeschichte erzählt. Auf die Details möchte ich hier nicht eingehen, sie waren sehr berührend, aber zu persönlich, sie hier einfach zu veröffentlichen.
Sie zog dabei ein Fazit, das ich in diesen Worten noch nicht gehört hatte: Wer authentisch davon berichten möchte, was Jesus tut, darf sein Ägyptenland nicht vergessen.
Im Alten Testament erinnert Gott die Juden von Buch zu Buch mit dem 1. Gebot daran, dass er der einzig wahre, lebendige Gott ist. Dies tut er mit den Worten: „Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus.“ (u.a. 2.Mose 20,2) Die Erinnerung an Ägypten nimmt offensichtlich eine zentrale Rolle bei der Erkenntnis Gottes ein. Die Juden mussten sich stets aufs Neue bewusst machen, woher sie kamen, des Leides, aus dem sie geführt wurden, um ihren Gott nicht zu vergessen, um Jahwe den ihm gebührenden Stellenwert zuweisen zu können.
Bevor die anfangs erwähnte Christin also davon erzählen konnte, welche Befreiungen Jesus in ihrem Leben heute tat, musste sie unweigerlich auch die schmerzhaften, düsteren Tage erinnern, aus denen sie befreit worden war. Ansonsten blieben die Worte von Liebe und Freiheit leere Phrasen.
Gerade das ist aber eine Herausforderung. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Wir wollen uns als Siegertypen präsentieren, von unseren Erfolgen berichten. Und das nicht nur im Beruflichen, auch im Privaten und im Glaubensleben. Die schmerzhaften, uns peinlichen Lebensgeschichten von Schwäche, Angst, von Abhängigkeiten, Schmerz, Verzweiflung, Tod, oder von Bösem wollen wir vergraben und hinter uns zurück lassen, nicht mehr darüber reden oder auch nur daran denken. Gerade sie vor anderen öffentlich zu machen, würde uns überaus verwundbar machen. Das ist sehr gefährlich, viel zu riskant.
Doch lügen wir uns nicht etwas vor, wenn wir uns bloß als Marketingobjekt selbst gestalten, uns stets immer nur positiv denkend als strahlenden Gewinnertyp zeichnen? Würden wir uns dieses Selbstmarketing selbst abkaufen, mit dem was wir in Wahrheit von uns wissen? Ist mein Schmerz und meine Angst nicht ein fundamentaler Bestandteil meiner Persönlichkeit, ohne die ich niemals vollständig in all meinen Facetten verstanden werden kann, die mich erst zu dem werden ließen, der ich heute bin?
Was also ist mein Ägyptenland?
Ich lese in einer beruflichen Beurteilung davon, mit welcher Ruhe ich an die Dinge herangehe, auch dann noch, wenn ich viel zu tun habe oder unter Zeitdruck stehe. Hier kaschiert meine äußerliche Art mein inneres Ägypten, eine dornige Zeit der Angst und Sorge, Angst zu Versagen, Sorge vor der Zukunft, selbstzerfressende Gedanken, die meinen ganzen Lebenswert in Frage stellten. Ich wurde einst vor mir selbst befreit, der ich mein eigener Henker zu werden drohte und jener dunklen Gestalt, die mich stets negierte, sich daran freute mich in einen finsteren Abgrund fallen zu sehen bis ich kaum noch aufzustehen vermochte. Mein Glaube befreite mich, aber die Freiheit gilt es jeden Tag aufs Neue in Anspruch zu nehmen. Und welche Sünde mich bedroht. Das aber ist alles nur ein blasser Geschmack meines Ägyptens…der Anschub zur Selbstreflexion sein möchte und Ermutigung, dass Gott daraus herausführen kann … selbst ein Meer ihm dafür nicht zu groß ist. Vielleicht ein anderes Mal noch mehr.
Das kann recht gut verstehen. Mein Ägypten? Ein dunkles Tal, durch das ich lange, lange gehen musste ohne zu wissen ob ich jemals daraus herauskommen würde. Ich ging allein, es war dunkel, keine Wegmarkierungen waren zu sehen, ich hatte keine Landkarte…, mir half der Psalm: Der Herr ist mein Hirte, ich habe alles was ich brauche. Er weidet mich auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser. Und ob ich auch wandere in finsterem Tal, so fürchte ich dennoch kein Unglück, denn Du bist bei mir. Dein Wanderstab gibt mir Halt und Hilfe, Du deckst mir den Tisch reichlich im Angesicht meiner Feinde und in Deinem Haus darf ich wohnen für lange Zeit. Dies war und ist mein Gebet, jeden Tag. Nur manchmal hatte ich ganz unscheinbare Zeichen gefunden, Zeichen von Menschen, die vor mir diesen Weg gegangen waren und diese Wegmarken hinterlassen hatten. Zeichen sagten mir:“Du bist auf dem richtigen Weg, du bist eine von Vielen, geh weiter! Der Weg ist richtig!“ Und was soll ich sagen, Ich bin herausgekommen aus diesem Tal, gestärkt, geheilt!
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! 💜 !
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Es ist gefährlich, die dunkle Herkunft zu verdrängen. ebenso, wie es nicht ohne ist, sie jedem vertrauensvoll zu präsentieren. Selbst habe ich es da vergleichsweise gut, derweil ich in diesen meinen (Berufs-)Leben nicht mehr werden möchte, was ich nicht schon bin. Ansonsten haben ich viele gesellschaftliche Regeln, was Konkurrenz und die so genannten Siegertypen angeht, für mich über Bord geworfen.
Mein Glaube trägt mich dabei – mal mehr, mal weniger gut.
Aber er trägt.
Grüße & einen guten Morgen Dir.
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So ist es und super Beitrag !
Aber man muss sich vorsichtig ran tasten mit dem erzählen damit es einem nicht ganz fies in den Rücken schlägt. ..
Alles Liebe 💜
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